Auf dem Angesicht des Mitmenschen das Antlitz Gottes erkennen

Wenn Sie diese Zeilen lesen, werden wir neben dem neuen Bundeskanzler Merz und der neuen Koalitions-Regierung auch voraussichtlich einen neuen Papst haben. Hinter uns liegt diesbezüglich eine spannende Woche, dazu der wichtige Gedenktag zum 80. Jahr des Weltkriegsendes.
Es ist neu in den Blick getreten, dass die Übernahme von Verantwortung über andere Menschen hohe Anforderungen an Personen stellt. Dabei ist egal, ob es sich um höchste politische Ämter in der Regierung unseres Landes mit ca. 84 Millionen Menschen handelt, oder um das geistliche Amt des Bischofs von Rom, der immer zugleich der Nachfolger des Petrs und damit Haupt der katholischen Kirche ist, mit etwa 1,3 Milliarden Gläubigen.
Kandidaten mit Persönlichkeitsprofilen und sachliche Voraussetzungen für die Aufgaben wurden daher zurecht breit diskutiert. Am Ende stehen allerdings immer Menschen zur Wahl. Sie haben Biografien, die Ihre Kompetenzen erwiesen haben, und doch bleiben Sie bei aller Faszination, die Sie auslösen mögen, am Ende auch Menschen mit Grenzen. Das höchste Gut, das Ihnen entgegengebracht werden kann, ist Vertrauen, mit dem sie in ihrem Handeln unterstützt werden. Solche Münze ist eine Währung, die bei allen Kursschwankungen stets durch die Verantwortungsträger selbst im Wert geschätzt werden muss.
Für den Nachfolger des Petrus, der die Einheit der Milliarden Gläubigen verkörpert und sie zugleich fördern soll, ist die Gretchenfrage nach dem Zeugnis des Johannesevangeliums (Joh 21,15-17) die nach der Liebe zum auferstandenen Herrn. Die Antwort darauf überwiegt mit ihrem dreimaligen „Ja“ sogar das Versagen und wird von Christus beantwortet durch die Übertragung des Hirtendienstes. Alltäglich gelebtes Verantwortungsbewusstsein in Caritas und Diakonie sind für solche Liebe die ersten Gradmesser. Gelebte Gottes- und Nächstenliebe halten Gemeinschaften zusammen und tragen sie in die Zukunft. „Wer im Gebet das Antlitz Gottes sucht und findet, wird auch auf dem Angesicht des Mitmenschen das Antlitz Gottes erkennen können.“ (Papst Johannes Paul II.)