30. Januar 2022

Eine bittere Erkenntnis

Das Pastoralteam der Katholischen Kirche Nordharz diskutiert über den Umgang mit der Münchner Missbrauchsstudie.

Von Marco Koch – Eigentlich geht es bei den Dienstbesprechungen des Pastoralteams eher ruhig zu. Gemeinsam wird über anstehende oder durchgeführte Projekte gesprochen, es werden Termine besprochen und Planungen vorgenommen. Am letzten Dienstag war das allerdings anders. Mit #OutInChurch (s. gesonderten Artikel) und der Münchner Missbrauchsstudie standen zwei Themen auf der Tagesordnung, über die intensiv und zum Teil kontrovers diskutiert wurde.

Eine bittere Erkenntnis in der Dienstbesprechung war, dass niemand mehr verwundert über ein Gutachten war, das aktuellen und ehemaligen Verantwortlichen im Erzbistum München-Freising – auch persönlich – Fehlverhalten, Versagen und Versäumnisse vorwirft. Bitter auch deshalb, weil die Kirche damit einmal mehr an Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft und bei den eigenen Kirchenmitgliedern verliert.

Ebenfalls nicht erstaunt hat, dass auch dem emeritierten Papstes Benedikt XVI. Fehlverhalten in seiner Zeit als Erzbischof im Bistum München-Freising vorgeworfen wird. Sein Umgang und die von ihm unterzeichnete Stellungnahme zur Studie hingegen, haben beim Pastoralteam Bestürzung ausgelöst. Darin heißt es unter anderem: Man habe zu berücksichtigen, dass der Pfarrer zwar als Exhibitionist aufgefallen sei, aber nicht als Missbrauchstäter im eigentlichen Sinn. „Die Tathandlungen bestanden jeweils im Entblößen des eigenen Geschlechtsteils vor vorpubertären Mädchen und in der Vornahme von Masturbationsbewegungen, (...) auch im Zeigen pornographischen Materials. In keinem der Fälle kam es zu einer Berührung.“ Außerdem habe sich der Pfarrer den betroffenen Mädchen nur an „Orten außerhalb seines Wirkens als Priester und Religionslehrer“ genähert. Weder als Priester in Pfarrseelsorge noch als Religionslehrer habe er sich „das Mindeste zuschulden kommen lassen“.

Aus Sicht des Pastoralteams wird hier deutlich, wie wenig seine Wahrnehmung den Betroffenen gilt. Es entsteht der Eindruck, dass es ihm hauptsächlich um den Schutz der Institution und des Priesterbildes geht. Damit fügt der emeritierte Papst der Glaubwürdigkeit der Kirche einen größeren Schaden zu, als mit einem persönlichen und ernstzunehmenden Schuldeingeständnis. Dem Pastoralteam ist klar, dass die Zeit des Schönredens, aber auch der leeren Entschuldigungsbitten schon lange vorbei sein muss. Jetzt muss der Blick den Betroffenen und ihrem Leid gelten. Damit das gelingt, kann die Aufarbeitung nicht länger nur in den Händen der Kirche liegen. Das sieht auch der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer so. In einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst spricht er sich dafür aus, dass der Staat eine größere Rolle bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche übernimmt.

Am Ende des Austauschs hat sich das Pastoralteam gefragt, welchen Blick Sie als Christ, eventuell als Mitglied der Kirche auf das aktuelle Geschehen in der Kirche haben. Daraus haben sich einige Vorschläge ergeben, wie wir uns vorstellen können, mit dem Thema in unseren Gemeinden umzugehen:

  • Einrichtung einer „Klagemauer“ für Ihre Gedanken, die auf kleine (Baustein-)Karten notiert werden können.
  • Auslegen eines leeren Notizbuches für ausführlichere Stellungnahmen.
  • Die Gedanken von der Klagemauer und aus dem Buch in einem „Herdenbrief“ zusammenfassen und an den Bischof/die Bischofskonferenz/die Verantwortlichen für den Synodalen Weg schicken.
  • Ein Gottesdienst feiern, in dem die Situation aufgegriffen wird.

Vielleicht haben Sie ja noch weitere Ideen. Dann schreiben Sie uns gern an redaktion@katholische-kirche-nordharz.de

Foto: Bernhard Riedl | pfarrbriefservice.de


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Von Marco Koch – Eigentlich geht es bei den Dienstbesprechungen des Pastoralteams eher ruhig zu. Gemeinsam wird über anstehende oder durchgeführte Projekte gesprochen, es werden Termine besprochen und Planungen vorgenommen. Am letzten Dienstag war das allerdings anders. Mit #OutInChurch (s. gesonderten Artikel) und der Münchner Missbrauchsstudie standen zwei Themen auf der Tagesordnung, über die intensiv und zum Teil kontrovers diskutiert wurde.

Eine bittere Erkenntnis in der Dienstbesprechung war, dass niemand mehr verwundert über ein Gutachten war, das aktuellen und ehemaligen Verantwortlichen im Erzbistum München-Freising – auch persönlich – Fehlverhalten, Versagen und Versäumnisse vorwirft. Bitter auch deshalb, weil die Kirche damit einmal mehr an Glaubwürdigkeit in der Gesellschaft und bei den eigenen Kirchenmitgliedern verliert.

Ebenfalls nicht erstaunt hat, dass auch dem emeritierten Papstes Benedikt XVI. Fehlverhalten in seiner Zeit als Erzbischof im Bistum München-Freising vorgeworfen wird. Sein Umgang und die von ihm unterzeichnete Stellungnahme zur Studie hingegen, haben beim Pastoralteam Bestürzung ausgelöst. Darin heißt es unter anderem: Man habe zu berücksichtigen, dass der Pfarrer zwar als Exhibitionist aufgefallen sei, aber nicht als Missbrauchstäter im eigentlichen Sinn. „Die Tathandlungen bestanden jeweils im Entblößen des eigenen Geschlechtsteils vor vorpubertären Mädchen und in der Vornahme von Masturbationsbewegungen, (...) auch im Zeigen pornographischen Materials. In keinem der Fälle kam es zu einer Berührung.“ Außerdem habe sich der Pfarrer den betroffenen Mädchen nur an „Orten außerhalb seines Wirkens als Priester und Religionslehrer“ genähert. Weder als Priester in Pfarrseelsorge noch als Religionslehrer habe er sich „das Mindeste zuschulden kommen lassen“.

Aus Sicht des Pastoralteams wird hier deutlich, wie wenig seine Wahrnehmung den Betroffenen gilt. Es entsteht der Eindruck, dass es ihm hauptsächlich um den Schutz der Institution und des Priesterbildes geht. Damit fügt der emeritierte Papst der Glaubwürdigkeit der Kirche einen größeren Schaden zu, als mit einem persönlichen und ernstzunehmenden Schuldeingeständnis. Dem Pastoralteam ist klar, dass die Zeit des Schönredens, aber auch der leeren Entschuldigungsbitten schon lange vorbei sein muss. Jetzt muss der Blick den Betroffenen und ihrem Leid gelten. Damit das gelingt, kann die Aufarbeitung nicht länger nur in den Händen der Kirche liegen. Das sieht auch der Hildesheimer Bischof Dr. Heiner Wilmer so. In einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst spricht er sich dafür aus, dass der Staat eine größere Rolle bei der Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche übernimmt.

Am Ende des Austauschs hat sich das Pastoralteam gefragt, welchen Blick Sie als Christ, eventuell als Mitglied der Kirche auf das aktuelle Geschehen in der Kirche haben. Daraus haben sich einige Vorschläge ergeben, wie wir uns vorstellen können, mit dem Thema in unseren Gemeinden umzugehen:

  • Einrichtung einer „Klagemauer“ für Ihre Gedanken, die auf kleine (Baustein-)Karten notiert werden können.
  • Auslegen eines leeren Notizbuches für ausführlichere Stellungnahmen.
  • Die Gedanken von der Klagemauer und aus dem Buch in einem „Herdenbrief“ zusammenfassen und an den Bischof/die Bischofskonferenz/die Verantwortlichen für den Synodalen Weg schicken.
  • Ein Gottesdienst feiern, in dem die Situation aufgegriffen wird.

Vielleicht haben Sie ja noch weitere Ideen. Dann schreiben Sie uns gern an redaktion@katholische-kirche-nordharz.de

Foto: Bernhard Riedl | pfarrbriefservice.de


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